Bilder von langen Schlangen vor Buchhandlungen und gut besuchten Basaren, obwohl jedes gedruckte Wort einer Zensur unterlag. Ausländische Werke, die in Bibliotheken nur mit einem sogenannten „Giftschein“ zugänglich waren, der es erlaubte, im Lesesaal unter Aufsicht Einblick in besondere Lektüren zu nehmen. Und trotzdem – oder gerade deswegen – waren rare Bücher in der ehemaligen DDR so begehrt, dass manche Menschen heimlich Titel westdeutscher Verlage in die Tasche steckten.
Von diesen Geschichten eines Landes, dessen Obrigkeit an die Macht des geschriebenen Wortes glaubte und es zugleich fürchtete, erzählt die Fotoausstellung „Leseland DDR“, die Bürgermeister Sascha Solbach gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Silverberg-Gymnasiums am 22. November eröffnete. Noch bis zum 2. Dezember 2022 können Interessierte die Ausstellung in der Eingangshalle des Gymnasiums (Eichendorffstraße 1) zwischen 09:00 und 15:00 Uhr besuchen.
„Die Ausstellung gibt den Schülerinnen und Schülern am Schulzentrum einen tiefen Einblick in die Literaturgeschichte während der SED-Diktatur. Vergleicht man die Geschichten über Zensur und Medienverbot aus der DDR beispielsweise mit den heutigen Situationen im Iran, China oder in Russland, ist diese Ausstellung, die eigentlich einen Blick in die Vergangenheit werfen soll, aktueller denn je. Dieser Bezug gibt den Schülerinnen und Schülern ein Gefühl für die Geschehnisse der damaligen Zeit und zeigt uns allen, dass Probleme wie Zensur und das Vorenthalten von Literatur, damit verbunden das Verhindern von Bildung und freier Meinung, heute noch existieren“, sagte Bürgermeister Sascha Solbach bei der Eröffnung.
„Leseland DDR“ erzählt auf 20 Tafeln vom Eigensinn der Menschen, die sich ihre Lektüre nicht vorschreiben lassen wollten, obwohl politisch unerwünschte Literatur nur schwer zugänglich war. Die Schau wirft ebenso Schlaglichter auf die grenzüberschreitende Kraft, die die deutsch-deutschen Schriftstellerkontakte, das Radio und Fernsehen aber auch die Bücher entfalteten, die Weltreisen über die Mauern des Landes hinweg ermöglichten. Mit den Schriftstellern in der Friedlichen Revolution und der DDR als Thema in der Gegenwartsliteratur endet die Zeitreise.
„Ich möchte mich herzlich bei der Schulleitung bedanken, die ganz selbstverständlich die eigenen Räumlichkeiten für die besondere Ausstellung zur Verfügung gestellt hat, sowie auch bei Christina Lausberg, die diese gemeinsam mit der Stadtverwaltung organisiert hat“, so Solbach weiter.
Die von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegebene Ausstellung informiert auf den 20 Tafeln, die jeweils mit Texten, Fotos sowie QR-Codes versehen sind, über die Geschehnisse der damaligen Zeit. Autor von „Leseland DDR“ ist der Historiker und Publizist Stefan Wolle, der selbst in der DDR aufgewachsen ist und mittlerweile als wissenschaftlicher Direktor des Berliner DDR Museums arbeitet.
